Werkliste

Einführung | Werkliste | Kombinationsmöglichkeiten

Einführung

half-way house – Solo x fach (für Joseph Beuys)
Kammermusikzyklus für Ensembles in unterschiedlicher Besetzung

… in Annäherung für Klavier solo (1997/98) (Soloversion)
Solo 2fach – in Annäherung ( I ) ( 1997)
Solo 2fach – in Annäherung ( II ) (1997/98)
Solo 2fach – in Annäherung ( III ) ( 1997/98)
Solo 2fach – in Annäherung ( IV ) (1997/2001)
Solo 3fach – für Violine, Horn und Klavier (im Gedenken an Joseph Beuys) (1988)
Solo 4fach – überlagernd (1999-2000)
Solo 5fach – zerbrechend (1998/99)
Solo 6fach – erstarrt für Schlagzeugensemble (1994)
Solo 7fach – in Distanz (1996)
Solo 8fach – in Bewegung (2003)
Solo 9fach – ins Unendliche (für Erich Hauser ) (2001)
Solo xfach – tape (I-IV) (2000)

Die Werkreihe half-way house – Solo x fach (für Joseph Beuys) (seit 1988) hat in Frankes Œuvre einen zentralen Stellenwert. Franke versuchte Beuys’ Konzept der »sozialen Plastik«, worunter dieser eine »neue soziale und demokratische Lebensform« verstand, die jegliche Tätigkeit des Menschen als eine kreative, also künstlerisch schöpferische begreift, musikalisch umzusetzen. Bei diesem Konzept ging es Franke darum, seine Wahrnehmung sozialer Strukturen und gesellschaftlicher Entwicklungen reflektieren: Verschiedene Formen sozialen Lebens, Eindrücke etc. existieren gleichberechtigt nebeneinander, tradierte Systeme lösen sich auf und andere entstehen neu. Täglich schaffen wir unseren persönlichen Nexus von Ereignissen und Eindrücken, der für Außenstehende unerklärlich bleibt. Ihn interessierte das gleichzeitige und gleichberechtigte Nebeneinander von Ähnlichem und Verschiedenem. Auch die Organisation der Stimmen verweist auf dieses Nebeneinander: Der Zyklus besteht aus mehreren Kammermusikstücken, deren einzelne Stimmen fast alle allein oder simultan aufführbar sind und mit anderen Stimmen (und Werken) des Zyklus kombiniert werden können. Sie werden nicht durch eine Partitur koordiniert – ausgenommen Solo 3 fach (im Gedenken an Joseph Beuys) für Violine, Horn und Klavier (1988) –, sondern durch Stoppuhren, die von den Instrumentalisten bedient werden. Durch diese Art der Zeitorganisation und Koordination stehen die Stücke des Zyklus zwischen traditionell notierter und improvisierter Musik.

Für die Struktur der Stimmen bedeutet dies, dass jeder Spieler als Solist verstanden wird, der unter Individuen agieren muss; dabei schweben alle in ständiger Gefahr, sich gegenseitig zu übertönen. Jede Stimme ist hier Haupt- und Nebenstimme zugleich; die Einzelstimme ist Teil des Ganzen und zugleich auch das Ganze selbst. Die Musiker proben zunächst allein und dürfen Absprachen nur in Hinblick auf Akustik, Aufstellung und Dynamik treffen. Man spielt seine Stimme zwar solistisch, aber es entsteht ein Aufeinanderhören, eine Bewegung im Raum: Energien werden ausgetauscht. Die Einzelstimmen sind durch strukturelle und materielle Gemeinsamkeiten miteinander verknüpft, so dass parallele Welten entstehen, die miteinander vernetzt sind. Dieser Aspekt des Nebeneinanders von Individuen bzw. Künstlern ist, um mit Joseph Beuys zu sprechen, ebenso Teil einer »sozialen Plastik«.

Aus der Kombination der Stimmen entsteht ein Ensemblewerk, das die Faktur von Ensemblemusik infrage stellt und ein traditionelles Gattungsverständnis aufbricht: Einzelne Stimmen, Solostücke, können zu Ensemblestücken anwachsen. Franke möchte zudem, dass die traditionelle Konfrontation Musiker – Publikum aufgelöst wird, indem die Choreographie der Musiker, d. h. ihre Bewegung im Raum, auf den Aufführungsort flexibel reagiert und das Publikum mit einbezieht. Solo x fach enthält insofern auch Elemente von Klanginstallation sowie Musiktheater.

Auch die Art der Rezeption verbindet Frankes Werk mit dem von Beuys, denn dessen Aktionskunst verlangt nach einer anderen Aufmerksamkeit als das Betrachten eines Ölgemäldes. Da das Prinzip von Vorder- und Hintergrund bei Solo x fach zugunsten einer Gleichberechtigung aller Stimmen aufgehoben ist, wird dem Zuhörer eine andere Art der Rezeption abverlangt: Er muss das Stück bei jeder Aufführung neu strukturieren. Insofern ist Solo x fach auch Reflexion über Wahrnehmung von Musik.

Die gemeinsame formale Anlage des Zyklus’ besteht aus vier Sätzen und je nach Werk zusätzlichen Interludien und existiert in dieser Form seit Solo 7 fach – in Distanz für Ensemble [Fl., Pos., Schlz., Vl., Va., Vc., Kb.] (1996), das 1996 vom »ensemble unitedberlin« uraufgeführt wurde. Die Sätze stellen vier völlig unterschiedliche Felder bzw. Phasen dar und verweisen auf die Tradition der europäischen Symphonik, die Franke als Einfluss nicht verleugnen, sondern hinterfragen will. Nur in Solo 3fach (im Gedenken an Joseph Beuys) für Horntrio (1988) und Solo 6fach – erstarrt für Schlagzeugensemble findet die Viersätzigkeit keine Anwendung.

Der I. Satz ist vor allem durch Statik, der II. durch ständiges Pulsieren geprägt. Der III. Satz basiert auf dem Zentralton A und einem Zwölftonakkord, welcher mikrotonal verändert wird. Den IV. Satz beschreibt Franke als Torso: Während der Finalsatz einer Symphonie normalerweise einen krönenden Abschluss darstellt, ist er bei Solo x fach ein zerfasertes, löchriges Gebilde, das sich auflöst und die Elemente der vorangehenden Sätze nur noch rudimentär enthält. Es ist ein Satz, der in Stille übergeht, Fragen stellt und nicht beantwortet. Franke charakterisiert die vier Sätze als Brückenform, die mit Atmen der Holzbläser und leisen Einzeltönen der Streicher beginnt und mit Atmen und vereinzelten Geräuschen endet.

Durch die vielen Kombinationsmöglichkeiten, den unabschließbaren Status und den sozialen Aspekt gleichberechtigter Stimmen erscheint half-way house – Solo x fach (für Joseph Beuys) (seit 1988) wie ein lebendiger Organismus. Von Bedeutung ist dieses Projekt auch für Frankes Gesamtwerk, da er hier verschiedene Kompositionstechniken wie freie Notation und Koordination durch Stoppuhren, die in späteren Werken auftauchen, ausprobieren und verfeinern konnte. (Christoph Beyer 23.03.2009)

Einführungstext (PDF)

Werkliste

… in Annäherung für Klavier solo (1997/98) (Soloversion) 14′
UA: 7.6.98/ Bonn/ Yukiko Sugawara

Solo 2fach – in Annäherung ( I ) für Flöte ( Picc. Fl. Afl .Bfl. ) und Klavier ( 1997 ) 17′ Auftragswerk Mozart – Gesellschaft
UA:1.10.97/ Chemnitz/ Städtische Kunstsammlungen/ Boßler/ Kastner

Solo 2fach – in Annäherung ( II ) für Oboe (Ob. Ehr. Ob. d`amore ) und Klavier
(1997/98 ) 17′
UA: 8.11.98/Schreyahner Herbst/Wetzel/Salemcour

Solo 2fach – in Annäherung ( III ) für Viola und Klavier ( 1997/98 ) 17′
Auftragswerk Münchener Biennale
UA: 27.1.99/ München/ Klangspuren/ Arnold/ Mauser

Solo 2fach – in Annäherung ( IV ) für Bassklarinette und Klavier (1997/2001) 17`
UA: 3.5.01/Heidelberg

Solo 3fach – für Violine, Horn und Klavier (im Gedenken an Joseph Beuys)
(1988 ) 17′
Auftragswerk Alte Oper Frankfurt / Kölner Horntrio
UA: 30.8.88 / Frankfurt / Alte Oper/ Frankfurter Feste/ Kölner Horntrio

Solo 4fach – überlagernd für Bandoneon, E-Gitarre, Harfe und Violine
(1999-2000 ) 20′
Auftragswerk der EXPO 2000/Deutscher Pavillon
UA: 15.10.2000/ Expo 200/ Hannover/ Deutscher Pavillon

Solo 5fach – zerbrechend für Horn, Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott
(1998/99 ) 20′
Auftragswerk Ma’alot Quintett
UA: 10.3.99/ Bonn/ Ma`alot Quintett

Solo 6fach – erstarrt für Schlagzeugensemble (1994 )Version A: 22’/ Version B: 28′
Auftragswerk Stiftung Kulturfond Berlin
UA: 8.2.95/ Leipzig/ Leipziger Schlagzeugensemble

Solo 7fach – in Distanz für Ensemble (Fl. Pos. Schlzg. Vl. Va. Vc. Kb. )(1996 ) 20′
Auftragswerk Stiftung Kulturfond Berlin
UA: 12.9.96/ Berlin/ Kryptonale II/ Ensemble UnitedBerlin

Solo 8fach – in Bewegung für Ensemble (in Vorbereitung ) 20`
3 Sax. 4 Trp. Bassgit.

Solo 9fach – ins Unendliche für Ensemble(für Erich Hauser ) 20`
Auftragswerk Rottweil
Pipa.Ob.Klar.S-Sax.Fag.2 Schlz.Vc.Kb.
UA: 23.6.01/Rottweil Festival/Mitschnitt SWF

Solo xfach – tape (I-IV) (2000) Produktion im Studio der TU Berlin und beim Hessischen Rundfunk
Auftragswerk der EXPO 2000/ Deutscher Pavillon
Musikinformatik/Tonbandrealisation: Ipke Starke
UA: 15.10.2000/ EXPO 2000/ Hannover/Deutscher Pavillon

Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Stücke/Stimmen von SOLO XFACH

(Stand 10.06.2002)

    • Solo 3fach für Vl.Hr.Klav.
    • (ist nicht mit anderen Stimmen/Stücken aufführbar, nur als einzelnes Werk)
    • …in Annäherung für Klavier solo
    • (kombinierbar mit Solo 6fach, Einsatz nach 8`)
    • Solo 6fach – erstarrt für Schlagzeugensemble
    • (kombinierbar mit …in Annäherung für Klavier solo, siehe …in Annäherung)
    • Solo xfach – tape (I, II, IV)/Zuspielbänder sind als Prolog „vor dem“ Konzert, als Interludium „in der Pause“ und Epilog „nach dem Konzert“ aufführbar
    • Solo xfach – tape (III)/Zuspielband ist als Simultanversion zu allen nach folgend aufgeführten Stimmen einzeln oder simultan aufführbar

alle Stimmen von…

  • Solo 2fach – in Annäherung (I) Fl.Klav.
  • Solo 2fach – in Annäherung (II) Ob.(Klav.)
  • Solo 2fach – in Annäherung (III) Va.(Klav.)
  • Solo 2fach – in Annäherung (IV) Bklar.(Klav.) (Klavierstimme von II-IV ist immer analog zu I)
  • Solo 4fach – überlagernd Bandoneon.E-Git.Hrf.Vl.
  • Solo 5fach – zerbrechend Hr.Fl.Ob.Klar.Fag.
  • Solo 7fach – in Distanz Fl.Pos.Schlz.Vl.Va.Vc.Kb.
  • Solo 8fach – in Bewegung 3 Sax. 4 Trp. B-Git. (in Vorbereitung)
  • Solo 9fach – ins Unendliche Pipa.Ob.Klar.S-Sax.Fag.2 Schlz.Vc.Kb.

…sind miteinander kompatibel.

Jede Stimme dieses „Pools“ ist auch einzeln mit der elektronischen Simultanversion Solo xfach – tape (III) aufführbar (Material über Bernd Franke zu bestellen).

Als Abspielvarianten stehen zur Verfügung:
8-Kanalband (TASCAM oder ADAT) oder Stereoversion (CD oder DAT).

Technische Details zu Videoinstallation sowie Videomitschnitt/Digitalfotos von der EXPO-Aufführung vom 15.10.2000 sind ebenfalls als Info zu erhalten.

Für Simultanaufführungen ohne Zuspielband und ohne Klavier empfehle ich eine Mindestanzahl von 3 Spielern.

Das gesamte Material ist bei C.F. Peters Frankfurt-Leipzig-London-New York zu bestellen. (

www.edition-peters.de

oder

www.edition-peters.com

)Einführungstext (PDF)